25.06.2020 - H. GollaKommentar in der Volksstimme zur aktuellen Lage des Europagymnasiums Thale
Am 24. Juni 2020 erschien in der Volksstimme ein Kommentar zur aktuellen Lage des Europagymnasiums Richard von Weizsäcker in Thale, der in bemerkenswerter Weise auf die Misere aufmerksam macht und die Verantwortlichen in die Pflicht nimmt:
Kommentar
Jens Müller zur Lage des Thalenser Gymnasiums
Es ist schon ein Trauerspiel miterleben zu müssen, wie ausgerechnet ein Europagymnasium, das auch noch den Namen eines der angesehensten deutschen Bundespräsidenten trägt - Richard von Weizsäcker - zum politischen Spielball wird. Es war sicherlich schon länger absehbar, dass die Schülerzahlen in Thale nicht ausreichen würden, um den Bestand des dortigen Gymnasiums zu sichern. Doch gerade in Zeiten, in denen Corona mannigfach zum Umdenken zwingt, hätte es auch einer Landesregierung gut zu Gesicht gestanden, gerade bildungspolitisch ein Zeichen zu setzen, eigene Vorgaben neu zu denken, um kleine ländliche Strukturen zu stärken. Nun wird Thale zum Spielball unter dem Motto: entweder Blankenburg oder Quedlinburg. Und plötzlich muss alles ganz schnell gehen. Dabei ist noch lange nicht gesagt, dass dies auch funktioniert. Wer gibt schon gern 500-jährige Schultraditionen auf? Ganz zu schweigen davon, dass gerade im Blick auf die Thalenser Situation die Kreisverwaltung viel eher hätte agieren, mögliche Szenarien offener kommunizieren müssen.
In Quedlinburg wird zum Teil noch in Containern unterrichtet und in zwei im Stadtgebiet recht weit entfernten Schulgebäuden. Das schicke GAT in Blankenburg platzt aus allen Nähten, das benachbarte Haus II versprüht dagegen den Charme der 70er Jahre. Eine Sanierung ist nicht in Sicht. Und wer könnte es Thalenser Eltern verdenken, vielleicht schon in diesem Sommer ihre Kinder nach Quedlinburg, Blankenburg oder gar nach Wernigerode und Veckenstedt zu schicken, obwohl es eine fünfte Klasse in Thale geben könnte? Und was ist mit den Lehrern? Mit denen scheint bislang gar niemand gesprochen zu haben. Fragen, die wenige Tage vor der Kreistagsentscheidung scheinbar ungeklärt sind. Wenn das Alt- Bundespräsident Richard von Weizsäcker wüsste. Er würde sich im Grabe umdrehen.